Gebühren für Rücklastschrift

OLG Hamm: Gebühren für Rücklastschrift

Vorliegend streiten die Parteien sich um eine von der Beklagten verwendete Klausel. Diese lautet: „Bearbeitungsgebühren bei Rücklastschrift: 50,00 € pro Buchung“. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein hält sie für unzulässig. Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen und zwar ein sog. Low-Cost-Carrier, das insbesondere im Bereich der Beförderung von Privatkunden tätig ist.

Das OLG Hamm hielt Klage für begrünet. Die besagte Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 5 a BGB, sodass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zusteht.

OLG Hamm 17 U 112/07 (Aktenzeichen)
OLG Hamm: OLG Hamm, Urt. vom 31.01.2008
Rechtsweg: OLG Hamm, Urt. v. 31.01.2008, Az: 17 U 112/07
LG Dortmund, Urt. v. 25.05.2007, Az: 8 O 55/06
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Oberlandesgericht Hamm

1. Urteil vom 31. Januar 2008

Aktenzeichen 17 U 112/07

Leitsatz:

2. Nach der Bestimmung des § 309 Nr. 5 a BGB,  sind allgemeine Geschäftsbedingungen, ist  die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall verlangt der Kläger, als Verbraucherschutzverein, dass die Beklagte es unterlässt eine Klausel in ihren AGB zu verwenden. Diese besagt, dass Bearbeitungsgebühren bei Rücklastschrift 50,00 € pro Buchung betragen. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Luftfahrtunternehmen, und zwar ein sog. Low-Cost-Carrier, das insbesondere im Bereich der Beförderung von Privatkunden tätig ist.

Das Landgericht Dortmund hielt die Klage für begründet. Die umstrittene Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 5 a BGB. Einen pauschalisierten Schadensersatz zu verlangen ist im allgemeinen unzulässig und auch unüblich. Außerdem sind in der Pauschale Personalkosten einbezogen, welche nicht vom Kunden zu ersetzen sind. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

Die eingelegte Berufung der Beklagten blieb jedoch erfolglos. Auch das OLG Hamm hält die Unterlassungsklage des Verbraucherschutzvereins für begründet. Nach der Bestimmung des § 309 Nr. 5 a BGB,  sind allgemeine Geschäftsbedingungen, ist  die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Der Kunde würde im Falle der Nichteinlösung der Lastschrift nicht für Personalkosten und Auslagen haften, die der Beklagten für die Bearbeitung entstehen. Der Verwaltungsaufwand wäre vom Geschädigten allein zu tragen.

Tenor:

4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.05.2007 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LGs Dortmundwird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

5. Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverein nach §§ 3 und 4 UKlaG und nach § 1 UKlaG berechtigt, Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, geltend zu machen.

6. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten primär, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen folgende oder inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in der Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

7. „Bearbeitungsgebühren bei Rücklastschrift: 50,00 € pro Buchung“.

8. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Luftfahrtunternehmen, und zwar ein sog. Low-Cost-Carrier, das insbesondere im Bereich der Beförderung von Privatkunden tätig ist. Dabei verwendet die Beklagte regelmäßig gegenüber Verbrauchern ihre Allgemeinen Beförderungsbedingungen. Darin heißt es unter Art. 4.5.3 (f):

9. „Haben wir die von Ihnen gewählte Zahlungsart durch Buchungsbestätigung akzeptiert, gilt das Beförderungsentgelt so lange als vorläufig entrichtet, bis wir feststellen oder begründeten Anlass zu der Annahme haben, dass der von uns bei Ihrem Kreditkarten- oder Geldinstitut eingezogene Betrag ganz oder teilweise rückbelastet oder dessen Rückzahlung auf sonstige Weise geltend gemacht wird.“

10. Weiter heißt es unter Art. 4.6.2 (e):

11. „Wenn einer der in Art. 4.5. (a) bis (f) aufgeführten Fälle eintritt oder Sie eine Ihnen eingeräumte Zahlungsfrist nicht einhalten, haben wir das Recht, in den in Art. 4.5.3 (f) aufgeführten Fällen (Rückbelastungen) für unseren dadurch verursachten zusätzlichen Aufwand und die uns dadurch entstehenden Kosten von Ihnen eine Rückbelastungspauschale gemäß unserer Entgeltordnung (Art. 17) zu verlangen, sofern Sie die Rückbelastung zu vertreten haben und nicht nachweisen, dass uns dadurch kein oder lediglich ein geringerer Schaden entstanden ist, und unseren sonstigen Schaden von Ihnen ersetzt zu verlangen.“

12. Unter Art. 17 (Entgeltordnung) heißt es:

13. „Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift: 50,00 € pro Buchung.“

14. Die Beklagte macht von diesen Regelungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen regelmäßig gegenüber Privatkunden Gebrauch.

15. Die Klägerin hält die von der Beklagten verwendete Rückbelastungspauschale wegen Verstoßes gegen die Vorschrift des § 309 Ziff. 5 a BGB für unwirksam. Danach ist die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz unzulässig, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

16. Zur Begründung ihres Anspruchs auf Unterlassung hat die Klägerin ausgeführt:

17. Die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von 50,00 € für Rücklastschriften sei im Geschäftsverkehr unüblich. Die Beklagte wickele ihren Geschäftsbetrieb im Wesentlichen im automatisierten Verfahren ab, und es sei zu vermuten, dass sie durch die im Vergleich zu anderen Flugunternehmen mit geringeren Schadenspauschalen für den Fall der Rücklastschriften hohe pauschale zusätzliche Gewinne einstreiche.

18. Wenn die Beklagte behaupte, ihre Forderung von 50,00 € bei Rücklastschriften entspreche dem tatsächlichen Schaden, so könne das nur damit erklärt werden, dass die Beklagte völlig ineffizient arbeite oder betriebswirtschaftlich nicht in der Lage sei, mit dem alltäglichen Problem der Rücklastschrift kostengünstig umzugehen. Derartige Managementfehler würden der Unwirksamkeit der Pauschale nach § 309 Ziff. 5 a BGB nicht entgegenstehen. Vielmehr müsse es der Beklagten möglich sein, Rücklastschriften in einem standardisierten und effizienten Verfahren abzuwickeln, ohne dass ein Aufwand von 50,00 € pro Rücklastschrift entstehe. Der Betrag von 50,00 € könne daher nicht als üblicher Schaden angesehen werden.

19. Die Beklagte hat sich gegen die Klage wie folgt verteidigt:

20. Die Pauschale entspreche dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden. Die von der Klägerin beanstandete Klausel sei daher nicht unwirksam.

21. Die Pauschale könne nicht als zu hoch angesehen werden, weil etwa andere Verwender derselben Branche niedrigere Pauschalen verlangten. Schon die Angebote der Marktteilnehmer seien so unterschiedlich, dass sich Vergleiche verböten.

22. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwirksamkeit der Klausel liege bei der Klägerin als derjenigen, die sich darauf berufe. Sie treffe allenfalls die sog. sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der in ihrer Sphäre liegenden und zur Beurteilung des gewöhnlichen Schadens bedeutsamen Umstände. Die einzelnen Abwicklungsschritte, die im Falle der Rücklastschrift Kosten verursachten, stellt die Beklagte wie folgt dar:

23. automatisierter Einzug des Flugpreises durch einen Spezialanbieter

24. Meldung der Rücklastschrift an die Beklagte

25. Abgleich der Daten

26. Einbuchung der nicht beglichenen Forderung gegen den Kunden einschließlich Rücklastschriftpauschale

27. Sperrung der Bankdaten des Kunden

28. Schreiben an Kunden mit Hinweis auf die Rücklastschrift und Bitte um Zahlung per Überweisung

29. zeitnahe Überwachung der eigenen Konten auf Zahlungseingänge des Kunden.

30. Wenn kein Zahlungsausgleich nach Ablauf einer vom Einzelfall abhängigen Zeitspanne erfolge, seien weitere Maßnahmen erforderlich:

31. erneutes Schreiben an Kunden sowie insbesondere der Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme

32. Setzen des Kunden auf eine sog. Watchlist

33. Treffen von Maßnahmen, dass die Kunden, die das Beförderungsentgelt nicht entrichtet haben, auch nicht befördert werden.

34. Sofern der Zahlungsausgleich nicht erfolge, werde der Vorgang an die Inkassoabteilung abgegeben zur weiteren Bearbeitung. Die damit verbundenen Kosten entstünden gesondert und zusätzlich zu dem Aufwand für die Rücklastschrift.

35. Kostenmäßig stelle sich ihr Schaden wie folgt dar:

36. Sachkosten und Kosten Dritter: 12,33€

37. zusätzliche Personalkosten: 40,15 €.

38. Insoweit handele es sich nicht um einen eigenen Zeitaufwand zur „Abwicklung von Schadensersatzansprüchen“, sondern um einen zusätzlichen Aufwand, der rücklastschriftbedingt zur Abwicklung des Beförderungsvertrages anfalle. Für diesen Mehraufwand sei die der Rücklastschrift zugrundeliegende Pflichtverletzung des Fluggastes ursächlich und die dadurch bedingten Kosten stellten eine adäquate Schadensfolge dar.

39. Insgesamt belaufe sich der typischerweise durch eine Rücklastschrift verursachte Schaden auf 52,48 €. Die von ihr erhobene pauschale Bearbeitungsgebühr von 50,00 € sei daher nicht überhöht.

40. Auf die Kokstenaufstellung der Beklagten (Bl. 98 GA) wird Bezug genommen.

41. Das LG hat die Klausel für unwirksam erachtet und die Beklagte antragsgemäß weiter verurteilt, im Falle der Zuwiderhandlung die betroffenen Vertragspartner so zu behandeln, als sei die Klausel unwirksam, sowie dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformeln mit der Bezeichnung der Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.

42. Zur Begründung hat das LG ausgeführt:

43. Der dem Kläger zustehende Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 3, 5 UKlaG in Verbindung mit § 309 Ziff. 5 a BGB sei begründet.

44. Es fehle zwar nicht an einer Schadensersatzverpflichtung des Kunden der Beklagten bei Lastschriftrückgabe. Denn im Falle einer Lastschriftabrede treffe den Schuldner die Pflicht zur Vorhaltung von Deckung auf seinem Konto gegenüber dem Gläubiger.

45. Indes verstoße die streitige Beförderungsklausel der Beklagten gegen § 309 Nr. 5 a BGB. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liege auch dann vor, wenn nicht entschädigungspflichtige Positionen in den pauschalierten Schadensersatz einbezogen würden.

46. Von einer solchen Einbeziehung nicht ersatzfähiger Kosten sei hier im Hinblick auf die in die Pauschale eingerechnete Personalkosten auszugehen.

47. Die Mühewaltung bei der Rechtswahrung gehöre zum eigenen Aufgabenkreis des Geschädigten und sei von diesem allein zu tragen.

48. Vorliegend handele es sich um einen Folgeschaden aus der eigenen Rechtswahrung der Beklagten. Die seitens der Beklagten beschriebenen Arbeitsschritte dienten letztlich der Durchsetzung der Ansprüche aufgrund des Beförderungsvertrages. Der dadurch bedingte Personaleinsatz sei nicht ersatzfähig.

49. Da die Beklagte in ihre Pauschale nicht ersatzfähige Kosten für einen Personalmehraufwand einrechne, sei die Pauschale insgesamt als unwirksam anzusehen.

50. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

51. Das LG habe fehlerhaft angenommen, dass die Bearbeitungskosten der „zur Abwicklung von Schadensersatzansprüchen“ entstandene eigene Arbeitsaufwand seien. Darum gehe es vorliegend aber nicht. Die in die Schadensersatzpauschale eingestellten Personalkosten beträfen allein den zusätzlichen Aufwand, der rücklastschriftbedingt zur Abwicklung des Beförderungsvertrags anfalle. Dieser stelle auch nach der Rechtsprechung des BGHs einen grundsätzlich ersatzfähigen Vermögenswert dar, wenn sich für die Arbeitsleistung ein „Marktwert“ ermitteln lasse. Personeller Mehraufwand sei also als Schadensposten zu berücksichtigen, soweit es nicht um die bloße „Mühewaltung zur Rechtsverfolgung“ gehe.

52. Vorliegend gehe es jedoch nicht um „Mühewaltung“, sondern um den Ersatz für erheblichen Arbeitsaufwand, der erforderliche werde, um den Beförderungsvertrag wie vorgesehen abwickeln zu können. Dafür habe der Schädiger einzustehen.

53. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht zusätzlich geltend:

54. Die Beklagte habe in ihre Schadensberechnung alle Positionen aufgenommen, die unter Berücksichtigung aller denkbaren Konstellationen und Lebenssachverhalte anfallen könnten, sog. „worst-case-Szenario“. Dies habe mit dem „gewöhnlichen Lauf der Dinge” im Sinne des § 305 Ziff. 5 a BGB nichts zu tun.

55. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte ihre Kunden über die Rücklastschrift benachrichtige. Denn die eigene Bank des Kunden müsse diesen über die Rückgabe einer Lastschrift informieren, und zwar kostenlos.

56. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und des genauen Inhalts der Klageanträge wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

57. Die Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

58. Die Klagebefugnis der Verbraucherzentrale ist unstreitig nach §§ 3 Abs. 1; 4 UKlaG gegeben.

59. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 1 UKlaG ist begründet. Die von der Klägerin beanstandete und von der Beklagten verwendete Allgemeine Beförderungsbedingung, kurz gefasst „Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift: 50,00 € pro Buchung“ ist unwirksam. Die Klausel verstößt gegen § 309 Ziff. 5 a BGB. Nach dieser Bestimmung ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

60. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB.

61. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte mit den in Rede stehenden Klauseln Art. 4.5.3 (f), 4.6.2 (e), 16 „Charge-back-fee“ ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen pauschal Schadensersatz von 50,00 € als Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift fordert.

62. Das LG hat einen Schadensersatzanspruch der Beklagten dem Grunde nach unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGHs vom 08.03.2004 – XI ZR 154/04 (BGHZ 162, 194 = NJW 2005, 1645) – bejaht. Diese Auffassung des LGs ist zutreffend und wird von der Klägerin in der Berufung nicht angegriffen. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 241 Abs. 1 BGB: Verletzt der Schuldner in schuldhafter Weise eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Auch die bloße Nichterfüllung einer Hauptleistungspflicht ist eine Pflichtverletzung. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Fluggast wegen der ihm von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit, Flüge über das Internet oder ein Call-Center zu buchen und die Zahlung ausschließlich über Bankeinzug oder Kreditkarte zu leisten, verpflichtet ist, für die Einlösung von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren Deckung auf seinem Konto vorzuhalten aufgrund der getroffenen Lastschriftabrede.

63. Trotz der grundsätzlichen Schadensersatzverpflichtung ihrer Kunden im Falle der Rückbuchung des Beförderungsentgelts hat das LG die Klausel der Beklagten, mit der diese pauschal eine Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift von pauschal 50,00 € pro Buchung von ihren Kunden fordert, wegen Verstoßes gegen § 309 Ziff. 5 a BGB für unwirksam erachtet. Das ist entgegen den Angriffen der Berufung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

64. Das LG hat ausgeführt, dass die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen mit der Pauschale jedenfalls zum großen Teil Personalkosten geltend macht, die ihr aus der Verfolgung ihrer Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche erwachsen. Damit habe die Beklagte in die Pauschale Schadensposten eingestellt, die ihr nicht zustünden, auch wenn in der Nichteinlösung der Lastschrift eine Pflichtverletzung des Kunden gesehen werden könne.

65. Mit dieser Entscheidung hat das LG abgestellt auf die Grundsätze, die der BGH in einem Urteil vom 06.11.1979 – VI ZR 254/77 (BGHZ 75, 230 = NJW 1980, 119) – für die Abwicklung eines Ladendiebstahls aufgestellt hat. Dort hatte der BGH entschieden, dass ein Warendieb nicht zum Ersatz von Personalkosten sowie der Auslagen des Geschädigten für Porto, Telefon und Papier im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Verhütung des Schadens verpflichtet ist. Auf den vorliegenden Fall übertragen würde nach dieser Entscheidung der Kunde im Falle der Nichteinlösung der Lastschrift nicht für Personalkosten und Auslagen haften, die der Beklagten für die Bearbeitung entstehen. Denn der Verwaltungsaufwand wäre vom Geschädigten allein zu tragen.

66. Das bedeutet entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass der eigene Arbeits- und Zeitaufwand schadensrechtlich generell unberücksichtigt zu bleiben hat.

67. Als Schaden erstattungsfähig sind die Kosten und Gebühren, die die Beklagte den Banken bzw. ihrer mit dem Lastschrifteinzug betrauten Vertragspartnerin zu erstatten hat. Hierbei handelt es sich um zusätzlichen Aufwand, mit dem die Beklagte durch Dritte belastet wird, und der ursächlich auf die Nichteinlösung der Rückbuchung zurückzuführen ist.

68. Etwas anderes gilt für die eigenen Personal- und Sachkosten der Beklagten. Eine Schadensersatzpflicht des Kunden besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Diese Haftungsbegrenzung aufgrund des Schutzzwecks der Norm erfordert eine wertende Betrachtung und gilt gleichermaßen für die vertragliche wie deliktische Haftung (BGH, Urteil vom 11.01.2005, X ZR 163/02 in NJW 2005, 1420).

69. Bei der Beklagten dienen der Personaleinsatz und weiterer Sachaufwand nach Rücklastschrift der Erfüllung der Geldforderung gegen den Kunden aus dem Beförderungsvertrag bzw. der Geltendmachung der Schadenspauschale. Das sind allgemeine Vertragskosten des Gläubigers, die nicht auf der Nichteinlösung der Lastschrift beruhen und im Geschäftsverkehr bei wertender Betrachtung als eigene Mühewaltung außerhalb des Schutzzwecks der Haftung des Schädigers liegen. Dieser Aufwand gehört deshalb zum Zuständigkeitsbereich und Verantwortungsbereich des Geschädigten.

70. Hätte vorliegend der Kunde vor Geltendmachung der Lastschrift der Beklagten mitgeteilt, dass sein Konto keine Deckung aufweist und deshalb das Lastschriftverfahren nicht durchgeführt werden soll, wäre derselbe Personalaufwand zur Realisierung des Beförderungsentgelts erforderlich gewesen. Diesen hätte die Beklagte nicht geltend machen können, weil Schadenersatzansprüche bei der Geltendmachung von Forderungen grundsätzlich erst dann entstehen, wenn sich der Schuldner in Verzug befindet. Sagt ein Schuldner eine bestimmte Art der Bezahlung zu, kann der erhöhte Personalaufwand im Falle der Nichtzahlung nicht als Schadensersatz verlangt werden.

71. Der Einwand der Beklagten, für die Buchung ihrer Flüge über das Internet oder über Call-Center hätten andere Grundsätze zu gelten, weil das von ihr bediente Marktsegment sich dadurch auszeichne, dass die Luftbeförderung zu äußerst günstigen Preisen angeboten werde, überzeugt nicht. Es besteht keine Veranlassung, bei sog. Billig-Anbietern von den allgemein geltenden Prinzipien für das Schadensrecht abzuweichen.

72. Im Ergebnis zu Recht hat das LG die streitigen Vertragsklauseln wegen Verstoßes gegen § 309 Ziff. 5 a BGB für unwirksam erachtet. Der erstattungsfähige Schaden beläuft sich nur auf einen Bruchteil der von der Beklagten aufgelisteten Personal- und Sachkosten. Die von der Beklagten nach ihren Beförderungsbedingungen geforderte pauschale Bearbeitungsgebühr bei Rücklastschrift von 50,00 € pro Buchung übersteigt damit in erheblichem Maße die erstattungsfähigen Kosten.

73. Auch aus einem anderen Grunde erweist sich die Vertragsklausel der Beklagten als unwirksam. In ihrer Kostenaufschlüsselung der Rückabwicklungspauschale, die mit insgesamt 52,48 € abschließt, legt die Beklagte den „schlimmsten“ Fall zugrunde. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben an den Kunden C vom 18.07.2005 fordert die Beklagte nach ihrer Rückbuchung sofort mit dem Beförderungsentgelt die Rücklastschriftpauschale. Zahlt der Kunde umgehend, fällt nur ein Teil des von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Aufwandes an. Dann wären die pauschal geforderten 50,00 € nicht der Schaden, dessen Ersatz die Beklagte mit ihrer Klausel fordert. Dem Einwand der Beklagten, es entspräche dem Sinn und Zweck einer Pauschale, dass sämtliche in Betracht kommende Fälle davon umfasst werden müssten, steht entgegen, dass die Wirksamkeit einer klauselhaften Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen nach § 309 Ziff. 5 a BGB daran zu messen ist, ob die Pauschale den nach dem „gewöhnlichen“ Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Das ist dann nicht das sog. „worst-case-Szenario“.

74. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

75. Der Senat hat nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.

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